Die richtigen Fragen stellen…
Es gibt ein Vorurteil, das sich beständig hält, und dem ich widersprechen möchte.
- Genies arbeiten alleine, Genies entwickeln ihre genialen Ideen alleine
Oder, übersetzt auf das Lösen von Problemen
- Problemlöser arbeiten alleine und entwickeln Lösungen für Probleme alleine
Ich glaube das stimmt nicht. Ich beobachte etwas ganz anderes. Und ich beobachte es auch bei mir selbst
- Das schaut dann ungefähr so aus: Wenn ich alleine an einem Problem arbeite, dann komme ich auf brillante Ideen. Wenn ich diese lange genug durchdacht und ausgearbeitet habe, und wenn sie endlich auf die Realität treffen, dann scheitern sie fulminant, sie zerbröseln quasi im Angesicht der Realität.
Und ich sehe das auch bei anderen. Wenn sich jemand mit einem Problem oder einem Teilproblem verkrochen hat, und wenn dieser jemand nach einiger Zeit wieder auftaucht und seine bahnbrechende Lösung vorstellt. Dann ist diese Lösung meistens gar nicht so super.
Und warum ist das so?
Weil es für richtig gute Lösungen regelmäßigen Austausch mit anderen braucht. Damit die entscheidenden Fragen früh und nicht erst am Schluss gestellt werden. Damit kritisch reflektiert werden kann, damit nichts vergessen wird.
Abgesehen davon, dass Austausch mit anderen auch viel netter ist, als immer nur alleine vor sich hin zu arbeiten.
Daher: Problemlösung ist immer auch Kommunikation.
In der Rolle des Problemlösers hat Fragen stellen einen besonderen Stellenwert.
- Wenn Sie das Problem verstehen wollen
- Wenn Sie Wünsche und Bedürfnisse erkunden wollen
- Wenn Sie zu Lösungsmöglichkeiten kommen wollen
- Wenn Sie ein Feedback brauchen
Beim Fragen stellen habe ich mir drei einfache Regeln verordnet
- Offene Fragen verwenden
Was ist eine offene Frage?
Eine offene Frage lässt viele verschiedene Antworten zu.
Ein Beispiel: Ich habe mich in ein Problem vertieft und glaube eine Lösung gefunden zu haben. Damit gehe ich zu meinem Kollegen und sage zum Beispiel
- Was hältst Du davon?
- Was gefällt dir daran, was nicht?
- Wie würdest Du weiter vorgehen?
Und ich frage nicht:
- Findest Du die Idee gut oder schlecht?
Das wäre eine geschlossene Frage.
Nachteil:
- Antwort Zeit braucht
Vorteil:
- Ich werde überrascht
- Ich erfahre etwas Neues
- Ich kann lernen
ABER: offene Fragen bringen nur dann etwas, wenn ich offen für die Antworten bin!
- Nach Problemen fragen, nicht nach Lösungen
Henry Ford, der Gründer von Ford und genialer Automobilbauer in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts:
„Wenn ich die Menschen gefragt hätte, was sie wollen, hätten sie gesagt schnellere Pferde.“
So ist es häufig. Wenn man nach Lösungen fragt, dann kommt das, was man für eine Lösung HÄLT.
Man kann schon auch nach Ideen für Lösungen fragen, allerdings erst später. Erst die Frage nach dem Problem bzw. nach den Problemen.
- Fragen, die das gegenüber beantworten kann/will
Dazu möchte ich eine Geschichte erzählen. Ich gehe alle 2-3 Monate zum Friseur. Soweit, so gewöhnlich.
Dann setze ich mich hin, bekomme einen Kaffee und werde gefragt:
Wie hätten Sie’s denn gerne?
Ich sage dann meistens so was wie
Bitte etwas kürzer, vor allem hinten und auf der Seite.
Und dann kommt eine Rückfrage, die ich mir nicht erklären kann:
Sind 6 Millimeter in Ordnung?
Obwohl mir bei meinem Friseur jetzt schon dreimal in Folge gestellt wurde, jeweils von unterschiedlichen jungen Damen, überrascht Sie mich dann doch…
Ich habe doch keine Ahnung, wie lange 6 Millimeter bei meinen Haaren aussehen.
Bild: ich stehe zu Hause vor dem Spiegel, probiere mit dem Langhaarschneider im Selbsversuch:
2 mm
4 mm
6 mm
8 mm
10 mm
12 mm
Ha, 8 mm passt perfekt, sage ich meiner Friseurin.
NEIN, ich erwarte, dass Sie erkennt, wie kurz man meine Haare schneiden darf, ohne dass es blöd ausschaut. Das ist schließlich ihr Job.
Und sie darf mich auch gerne etwas fragen. Sie darf fragen, was sie will. Es soll aber bitte eine Frage sein, die ich beantworten kann!
Und ich glaube das ist allgemein eine ganz gute Regel. Nur Fragen fragen, die der andere beantworten kann. Dann kann man mit der Antwort auch was anfagen! 🙂