Brainstorming ist doof

Brainstorming ist doof – ODER – warum ich Brainstorming nicht besonders mag, und welche Kreativitätstechnik ich stattdessen empfehle.

Es ist doch immer das Gleiche. Kaum fallen Worte wie „Kreativität“ und „Innovation“, schon melden sich die ersten und rufen nach einem Brainstorming. Ich mache mich dann immer schon vorsorglich klein. Ich weiß ja schon, was jetzt kommt.

Und zwar: Es wird einfach mal damit begonnen Gedanken und Ideen in die Runde zu werfen. Manche sagen etwas, andere nicht. Wenn der Chef dabei ist, dann schauen alle erst mal, was der dazu meint. Und wehe eine Kollegin oder ein Kollege bringt etwas zur Sprache, dass den eigenen Vorstellungen, der Mehrheitsmeinung oder – Gott behüte – der Meinung des Chefs widerspricht. Dann kommt der sofortige Gegenangriff. Wie lange dauern solche „Brainstormings“ üblicherweise? Ich würde sagen nach fünf Minuten ist der Spuk meistens vorbei.

Aber hat das, was da geschehen ist, besonders viel mit Brainstorming, dem richtigen echten Brainstorming zu tun? Werfen wir einen kurzen Blick darauf, was Brainstorming eigentlich sein sollte:

Brainstorming ist ein Werkzeug des divergierenden Denkens. Divergierendes Denken braucht es immer dann, wenn es gilt Optionen zu entwickeln.

Brainstorming beginnt damit, dass eine Frage klar formuliert und aufgeschrieben wird.

Dann wird eine Ideenquote gesetzt, also eine erforderliche Anzahl von Ideen, die erreicht werden soll, bevor das Brainstorming beendet werden kann.

Jeder Teilnehmer soll und darf seine Gedanken und Ideen frei vorbringen.

Alle Beiträge werden durch die Teilnehmer selbst oder durch einen Moderator schriftlich festgehalten. Das kann man mit einem Flipchart machen, oder auch mit Kärtchen, die man auf eine Pinnwand gibt.

Es ist erlaubt an bereits vorgebrachte Ideen anzuschließen, im Sinne einer Fortführung.

Es ist nicht erlaubt eine vorgebrachte Idee zu bewerten, in Frage zu stellen oder zu diskutieren. Das Prinzip lautet „Wertungen werden zurückgestellt“.

Es geht darum den Ideenraum aufzumachen, daher gilt „Quantität vor Qualität“.

Soweit zum Brainstorming, wie es sein sollte…

FINDE DEN FEHLER!

Genau, das was häufig als Brainstorming bezeichnet wird, wenigstens in meiner Erfahrung, hat überhaupt nichts mit dem zu tun, was Brainstorming eigentlich sein sollte. Und das ist auch der Grund, warum ich Brainstorming für Blödsinn halte. Es ist ein verbrauchter Begriff, aufgeladen mit vielen, vielen falschen Vorstellungen. Was häufig als Brainstorming bezeichnet wird, verdient diesen Namen nicht. Was häufig als Brainstorming bezeichnet wird, das ist in Wirklichkeit eine Diskussion, bei der Standpunkte ausgetauscht und verhandelt werden. Es ist aber keine geeignete Vorgehensweise um den Ideenraum aufzumachen und neue Gedanken und Ideen hervorzubringen, zu teilen und weiterzuentwickeln. Das arme Brainstorming, möchte ich fast sagen. Denn für diesen Missbrauch kann es selber nichts!

Dabei wäre es doch so einfach. Wenn Sie merken, dass Sie keine Kultur im Team haben, die offenen Widerspruch zulässt. Wenn Ihnen klar ist, dass sich letztlich alle an der Meinung der Chefin orientieren werden. Und wenn Sie dennoch ein kreatives Ergebnis erreichen wollen (manchen fällt schon hier ein gewisser Widerspruch auf), dann machen Sie bitte kein Brainstorming. Schade um die Zeit.

Machen Sie stattdessen etwas anderes. Machen Sie ein Brainwriting. Brainwriting ist die ruhige Form des Brainstorming. Und es funktioniert überraschend einfach.

Die ideale Gruppengröße sind sechs Teilnehmer, es können aber auch mehr oder weniger sein.

Wie beim Brainstorming beginnt das Brainwriting damit, dass die Frage klar formuliert und aufgeschrieben wird. Das Schöne ist: beim Brainwriting brauchen Sie es wirklich. Damit lässt es sich nicht so leicht übersehen.

Jeder Teilnehmer erhält ein Blatt, das in drei Spalten und drei Zeilen unterteilt ist.

Jeder Teilnehmer schreibt drei Gedanken oder Ideen zu der vorgegebenen Frage in die drei Kästchen der obersten Zeile.

Nach fünf Minuten werden die Blätter getauscht, im Uhrzeigersinn, gegen den Uhrzeigersinn oder kreuz und quer.

Dann sieht sich jeder Teilnehmer die Gedanken und Ideen in der ersten Zeile an und schreibt darunter, also in die zweite Zeile in jedes der Kästchen einen darauf aufbauenden Gedanken oder eine darauf aufbauende Idee.

Nach fünf Minuten wird nochmals getauscht und die dritte Zeile befüllt.

Das Ergebnis sind 9 Gedanken und Ideen jedes Teilnehmers, auf drei verschiedenen Blättern.

Diese Methode hat mehrere Vorteile gegenüber dem Brainstorming. Sie gibt den eher zurückhaltenden Teilnehmern eine Möglichkeit ihre Ideen einzubringen ohne sich exponieren zu müssen. Das Ergebnis ist deutlich umfangreicher und vielfältiger als beim klassischen Brainstornming – selbst wenn man das richtig macht. Und sie kommen durch die vergleichsweise anonyme Vorgehensweise auch zu Gedanken und Ideen, die eher nicht laut ausgesprochen würden, weil sie den ungeschriebenen Regeln widersprechen.

Daher: wenn Sie’s ernst meinen mit der Kreativität, wenn Sie als Führungskraft glauben die guten Ideen Ihrer Mitarbeiter auch aushalten zu können, dann probieren Sie’s doch einfach mal mit Brainwriting! 🙂

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